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She said Honorarsystem Ein Text darüber, wie viel wir Lesenden und Moderation zahlen und warum

Lade das Bild in den Galerie-Viewer, Honorarsystem

In den ersten beiden Jahren nach der Gründung von She said, 2021 und 2022, haben wir zahlreiche Lesungen veranstaltet: online, im Laden, hybrid. Wir haben alles zwischen null und 700 Euro für Lesende und Moderation gezahlt, haben oft einfach das akzeptiert, was uns angeboten wurde und sind nicht transparent mit diesen Zahlen umgegangen. Ohne zu fragen wussten Moderation und Lesende nicht, wie viel sie jeweils verdienten. Das passierte nicht absichtlich, oder zumindest nur in dem Sinne, dass wir als Team keine Zeit und Gedanken in strukturelle Veränderung investiert haben.

Anfang 2023 wollten wir das endlich ändern. Wir haben für unser Team bereits im Sommer 2022 ein gemeinsames, transparentes Gehaltssystem entwickelt – mithilfe eines zweitätigen Workshops und einer externen Moderation. Denn so ein Ziel braucht Zeit und Hilfe. Danach schien uns die Arbeit an einem einheitlichen Honorarsystem der nächste logische Schritt.

Um bereits mit Ideen in die Entwicklung des Honorarsystems zu gehen, starteten wir eine Umfrage auf Instagram. Heraus kam: Honorare für Lesende sind sehr unterschiedlich hoch und intransparent; die meisten unserer Follower*innen haben Verständnis dafür, dass kleine Buchhandlungen weniger zahlen können als Institutionen oder Ketten; Autor*innen sollten für ihre Buchpremiere ebenfalls bezahlt werden. Als Reaktion auf diese Frage schrieb eine Person: „Autor*innen müssen zum Teil davon leben. Es ist eine Würdigung ihrer Arbeit“.

Neben diesen Punkten waren für uns folgende Faktoren wichtig: Wir möchten alle Lesende und Moderierende gleich bezahlen, unabhängig vom Bekanntheitsgrad der Person und Erfolg des Buches. Wir möchten fair bezahlen, aber können uns keine sehr hohen Honorare leisten. Wir finden, die Idee eines solidarischen Lohns (also Lohn nach Bedarf) interessant, aber müssten dafür noch viel mehr Arbeit in eine solche Struktur stecken. Daher haben wir zunächst das folgende einheitliche System entwickelt:

  • Lesung mit Autor*in und Moderation: 400 € p.P.
  • Lesung mit zwei Autor*innen und Moderation: 300 € pro Autor*in und 400 € für die Moderation
  • Lesung mit drei Autor*innen und Moderation: 200 € pro Autor*in, 400 € für die Moderation
  • Lesung mit Autor*in, Moderation und Schauspieler*in: 400 € p.P., Verlag bezahlt die Schauspieler*in
  • Buchpremiere: 400 € p.P. (bei zwei Personen 300 € p.P., bei drei 200 € p.P.), Verlag bezahlt die Moderation

Wir denken, dieses System ist für alle sinnvoll. Wir können klar sagen, was wir zahlen können und sparen uns Verhandlungen. Autor*innen und Moderation können aufgrund dieser Transparenz entscheiden, ob sie bei uns lesen möchten oder nicht. Und Verlage wissen, dass sie bei Buchpremieren das Honorar für die Moderation übernehmen müssten. 

Eine Bemerkung zum Schluss: Es ist ein Privileg, dass wir uns als Buchhandlung Lesungen und Honorare leisten können. Buchmargen sind klein. Ein großer Teil der Branche, vor allem Indiebuchhandlungen, Indieverlage, Autor*innen und Übersetzer*innen, funktionieren prekär. Verleger*innen, die seit zehn Jahren erfolgreich Bücher verlegen, müssen Nebenjobs nachgehen. Autor*innen müssten jedes Wochenende irgendwo in Deutschland lesen, um davon leben zu können. Und Lektor*innen können sich die Bücher ihrer eigenen Verlage nicht mehr immer leisten.

Damit die Einnahmen bei Lesungen die Ausgaben decken, müssten sehr viele oder sehr teure Karten verkauft werden. Beides können (und wollen) kleine Buchhandlungen nicht. Doch indem wir einen Teil unseres Budgets Lesungen widmen und vor Allem dank Förderungen (z.B. Neustart Kultur) können wir noch (!) Lesungen veranstalten. Zum Glück: es sind fast immer sehr besondere Abende!